Wie gut muss Klang eigentlich sein?

Diese Frage stellt sich bei der Anschaffung von Geräten der Unterhaltungs-Elektronik. Spätesten beim Budget wird oft eine rationale Grenze gezogen. Zuvor geht es um funktionale, markenrelevante und gestalterische Aspekte. „Der Klang ist völlig ausreichend“, „für mich klingt beides gut“ oder „den Unterschied höre sowieso nicht“ sind immer wiederkehrende Aussagen, die ich während der letzten 30-Jahren seit ich mich bewusst mit dem Thema der Musikreproduktion beschäftige zu hören bekam. 

wh wolfgang.hoehne

Analog goes Digital

Ab Mitte der 80er fand in der Musikindustrie auch der Wandel von der Analog-Schallplatte, zur CD, zum DAT, dem Harddiskrecording bis zur MP3-Standard sowie anderer digitalen Musik Formate statt. Diverse Mythen und Erklärungsmodelle kamen auf, das mit den neuen Tonformaten auch schlechteren Klangqualitäten einhergehen sollen. Genau hier möchte ich einhaken und ein Erklärungsmodel in Anlehnung zu den Erkenntnissen der Raumakustik aufzeigen.

Diese abgewandelte Grafik stammt vom Premium Streaming-Dienst Anbieter Qobuz.

Fakten

Fakten die nichts mit subjektiver Wahrnehmung zu tun haben.

  1. Fakt – die Digitalisierung von analogen Musiksignalen basiert auf der Reduktion der Information > bei der CD, bei der MP3 im besonderem, aber auch bei Hi-Res Audio.
  2. Fakt – das Ohr als Organ dient zur Orientierung > Ortung von Schallereignissen > darum funktioniert beispielsweise Stereo-Klang.
  3. Fakt – das Ohr reagiert in Bezug auf Dynamik recht langsam – spontan werden 10 Stufen wahrgenommen. 10dB Sprünge empfinden wir als Verdopplung bzw. Halbierung
  4. Fakt – das Ohr kann einen Frequenzumfang von 20-20.000Hz als Hörbar identifizieren. Mit zunehmenden Alter reduziert sich das Hörvermögen zu den höchsten Frequenzen hin.
  5. Fakt – MP3 nutzt den Fakt 3+4 um die „Datenmenge“ zu reduzieren – Informationen werden entfernt.

Dies sind auch die Hauptgründe der Kritiker von digitalen Tonformaten. Das durch das Fehlen von Informationen schlechter Klang entsteht. Befürworter der Digital-Technik wollen in Blindtests beweisen, dass das mit dem schlechten Klang nicht stimmt. Beide Gruppen haben recht – in der subjektiven Wahrnehmung hört sich MP3 gut an und der Hörer mit dem geschulten Ohr hingegen kann die Kompressionsartefakte wahrnehmen.

Das Fehlen von Information durch die Datenkomprimierung kann aber tatsächlich ein Problem sein. Das Hören findet nämlich nicht ohne unser Gehirn statt. Im Gehirn werden sämtliche Eindrücke unserer „Sensoren“ gespeichert > beim Hören sind es Klangmuster > die uns das Verstehen von Kontext erst ermöglichen. Genauso wie Augen, die Nase, der Gaumen und der Tastsinn an unserer Wahrnehmung beteiligt sind.

Das Gehirn hört mit

Doch zurück zum „hören“. Unsere Ohren nehmen den Schall auf und dieser wird in neurale Impulse gewandelt die mit den abgespeicherten Mustern vergleichen werden. Dabei kann das Gehirn hervorragendes Leisten und fehlende Lücken ergänzen. Wer beispielsweise Lesen und Schreiben gelernt hat, kann auch e..en Lück….xt Vervollständigen. Wir können einen veränderten T3XT L3S3N und wissen was dort stehen soll. Unser Gehirn arbeitet – und das macht es auch, wenn wir eine unvollständige musikalische Information hören und mit einer komplett abgespeicherten Information vergleichen.

Kopfschmerzen?

Daher ist es gar nicht esoterisch dass es Personen gibt, die „digitalen“ Klang unangenehm finden. Insbesondere wer einen latenten Stresspegel durch andere Einflüsse hat, dem bereitet diese zusätzliche Gehirnaktivität wenig Entspannung. In der Arbeitswelt nennt man diese Stressfreiheit auch kognitive Ergonomie, die in Bezug auf die Raumakustik ein wichtiges Kriterium geworden ist. Konversationen in einem Halligen Raum zu führen, ist nun mal deutlich anstrengender.

 

 

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